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Reisebericht von Nieuwpoort nach Gent und zurück

Familie Thies mit der Countess ab Niewpoort

Unsere Bootstour mit einer Countess (10,20 m) führte uns im September 2021 durch Belgien von Nieuwpoort bis nach Gent und wieder zurück. Nachdem wir unseren Proviant und die Fahrräder verstaut hatten, war die Einweisung relativ simpel und knapp. Also konnten wir nach einer kleinen Runde mit angedeutetem Anlegemanöver eigenständig losfahren.

Die ersten Meilen waren sehr aufregend, abgesehen von dem schnurgeraden Kanal und der parallel verlaufenden Straße in der eintönigen Marschlandschaft. Nach einer halben Stunde ging der Feueralarm los, obwohl nichts zu riechen oder sehen war, was denn nun in Brand geraten wäre. Wir riefen sofort in der Marina an und uns wurde gesagt, wir sollten doch den Stecker im Rauchmelder ziehen, weil die Batterie nicht mehr ganz geladen sei.

Nach etwa 5 Meilen kamen wir zur ersten Brücke, von der wir wussten, dass sie tagsüber zu jeder vollen Stunde bis Sonnenuntergang geöffnet wird. Wir hatten 10 Minuten Zeit zu warten, aber das Wetter war hervorragend und so konnte ich von der Böschung aus die Steuerbordaußenwand inspizieren und einige Kratzer und Risse entdecken. Aber das ist ja klar bei solchen Schiffen, die ohne Führerschein gefahren werden dürfen. Da kommt es häufiger zu solchen Situationen.

Nun wieder schnell an Bord, das Öffnen der Brücke kündigt sich durch einen langen schrillen Klingelton an. Danach gehen die Schranken für die Autos herunter. Immer wieder haben wir beobachtet, dass Autofahrer noch versuchen unter der Schranke hindurchzuhuschen. Das Bordbuch war sehr detailliert und so haben wir immer die für die Brücken genannten Telefonnummern angerufen, um die Brücken zügig passieren zu können.

In Sichtweite der roten Lichtsignale hörten wir schon das Klingeln und konnten so nur mit kurz reduzierter Fahrt bei grün passieren.

Wir haben uns gewundert, dass jedes Mal, wenn wir uns einer Brücke näherten, sie schon in Bereitschaft war, geöffnet zu werden. Der Grund war ein vor uns fahrendes Motorboot, dass uns zuvor überholt hatte und sich ebenfalls bei der Brücke gemeldet hatte, dort warten musste, bis wir in Sicht kamen. Alle Brücken und Schleusen werden mit Video überwacht und von einer Zentrale gesteuert.

Unser ursprünglicher Plan, in Brügge die erste Nacht zu verbringen wurde verworfen, weil dort die Straßenrad Weltmeisterschaft stattfand. Über das ganze Wochenende waren alle Brücken gesperrt. Sie wurden in einem anderen Takt nur vormittags geöffnet. So übernachten wir in Plassendale bei Oostende an einer kostenlosen Pier. Wir brachen in aller Herrgottsfrüh auf, um noch rechtzeitig vor dem Schließen der Brücken auf dem Oostende-Gent-Kanal durch Brügge fahren zu können. Nach einer weiteren kostenlosen Übernachtung in einem aufgegebenen Yachthafen in Beernem kamen wir in Gent an.

Wir fanden im alten Stadthafen inmitten prächtiger mittelalterlicher Gildehäuser mit schmuckvollen Treppengiebeln einen Liegeplatz. Nachdem das Boot ordnungsgemäß vertäut war, machten wir uns auf und fanden vor dem alten Justizpalast ein Restaurant, das Nordseekrabben und sonstige Meeresfrüchte anbot. Der Justizpalast war im ersten Weltkrieg Sitz der deutschen Kommandantur. Neben der historischen Post mit ihren großen Fenstern und Spitzentürmen werden abendlich alle anderen Fassadenbilder hübsch beleuchtet und in Szene gesetzt. Mit den imposanten Kirchen und dem Belfried im Hintergrund bietet das Ensemble eine zauberhafte Kulisse.

Am nächsten Morgen haben wir unsere Fahrräder von Bord genommen und sind durch die Innenstadt geradelt. Die charmante flämische Universitätsstadt darf ohne Frage zu den schönsten Städten Belgiens gezählt werden. Im Mittelalter entwickelte Gent sich durch den blühenden Tuch- und Getreidehandel zu einer der bedeutendsten Städte Europas, damals größer als London. Der einstige Reichtum und die Macht der Zünfte kann man heute noch an jeder Ecke bewundern. Wir haben bei unserer Stadtrundfahrt kein einziges Auto gesehen, weil diesmal wir wieder Glück hatten, dass nämlich ein autofreies Wochenende war.

Eines der berühmtesten und einflussreichsten Kunstwerke der Welt findet man in der Sankt Bavo Kathedrale „Die Anbetung des Lamm Gottes“ von Van Eyck.

Als Rückweg nach Brügge wählten wir den kleinen Fluss Leie, der auch durch Gent fließt. Er schlängelt sich auf 30 km durch die Landschaft und ist gesäumt mit teilweise architektonisch gewagten Wochenendhäusern, die schon die Dimension von seelenlosen Protzvillen annehmen.

Am Ende der Leie waren wir überrascht, zum ersten Mal eine von Hand betriebene Brücke zu passieren. Wir haben auf unserer Reise eine Vielzahl von technischen Lösungen passiert, die den Autoverkehr und den Schiffsverkehr regeln. In Deinze ging es wieder auf die Berufsschifffahrtsrouten. Der Schippdonk-Kanaal mündet in den Oostende Gent Kanal.

Wir übernachten wieder in Beernem um danach recht spät in Brügge im Stadthafen Coupure einen schönen Platz zu finden. Brügge genießt die größere Bekanntheit höchstwahrscheinlich dadurch, dass es noch kompakter und puppenstubenartiger daherkommt. Es gibt viele Sehenswürdigkeiten dort, die vom Hafen aus zu Fuß erreichbar sind. Aber was wir auch sehr genossen haben, waren die belgischen Exportschlager wie feine Schokolade und unzählige Biersorten. Eine Brauerei glänzt mit einem zwölfprozentigen Dunkelbier namens Straffe Hendrik. Nach dem Besuch vieler Kirchen und Klöster war es Zeit, Abschied zu nehmen. Auch auf dem Rückweg hatten wir nur Glück mit dem Wetter. Kein Tropfen Regen fiel auf unsere Häupter.

Fast alle Liegeplätze im Hafen der Marina waren leer und so konnten wir uns einen schönen nahe gelegenen Platz aussuchen und hatten nicht zu viel Weg mit unserem Gepäck.

Die Überraschung kam mit der Endabrechnung. Wir hatten gedacht wir würden mit unserer geringen Schrittgeschwindigkeit nicht so viel Diesel verbrauchen. Maschinenlärm, Schwell und Umweltbelastung sollten geringgehalten werden. Nur wurde das nicht belohnt, weil nämlich die Betriebsstunden mit einem Faktor abgerechnet wurden. Im Umkehrschluss hätten wir schneller fahren können, mehr Diesel verbrauchen und weniger bis Betriebsstunden auf der Uhr gehabt. Aber alles in allem war die Tour sehr lohnend!

Eine schöne Bootsfahrt in Belgien geht zu Ende – wir werden sicher wiederkommen und andere schöne Hausboote in Europa mieten!